DIE LINKE im Bundestag
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Matthias W. Birkwald

Weg mit der Rente erst ab 67! Ältere ArbeitnehmerInnen fördern - ArbeitgeberInnen zur Kasse bitten!

Rede von Matthias W. Birkwald (DIE LINKE)zur ersten Lesung des AN Bündnis 90/Die Grünen „Integration Älterer in den Arbeitsmarkt verbessern", BT-Drs. 17/5235, v. 23.03.2011, am 07.04.2011 im Deutschen Bundestag

07.04.2011
Redebeitrag von Matthias W. Birkwald (DIE LINKE.) am 07.04.2011 um 16:16 Uhr (102. Sitzung, TOP 8)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Frau Pothmer, „motiviert, qualifiziert und gesund“ bis zum Renteneintritt arbeiten zu können, ist eine Vorstellung, die von vielen Menschen und ganz gewiss auch von allen hier im Parlament vertretenen Parteien geteilt wird. Auch DIE LINKE, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, will die Politik in die Pflicht nehmen, um die Voraussetzungen für ein erfülltes Erwerbsleben zu schaffen. Sie stellen sehr richtig fest, dass auch die Politik für die missliche Lage Älterer am Arbeitsmarkt verantwortlich ist. Gute Arbeit, gute Löhne, gute Rente, das ist der Dreiklang, dem wir Linken uns verpflichtet fühlen.


(Beifall bei der LINKEN)


Das ist auch der Maßstab, mit dem wir den von den Grünen vorgelegten Antrag bewerten. Daran gemessen ist Ihr Antrag leider mangelhaft. Warum? Einerseits muten Sie mit der Rente erst ab 67 all jenen, die nicht bis 67 arbeiten können, drastische Rentenkürzungen zu. Das ist sehr konkret. Das ist die Peitsche, die Ältere auf dem Arbeitsmarkt halten oder dorthin treiben soll. Andererseits reden Sie von verbesserten Chancen, von einem Sollen hier, von einem Können dort. Doch das alles bleibt sehr unkonkret. Sie bringen es fertig, knallharte Rentenkürzungspolitik mit windelweicher Chancenpolitik zu kombinieren. Sie garantieren die Peitsche und stellen das Zuckerbrot vage in Aussicht. Das ist unseriös.


(Beifall bei der LINKEN)


Von Ihren warmen Worten kann niemand im Alter leben. Treten Sie mit uns für die Abschaffung der Rente erst ab 67 ein! Dann reden wir gerne weiter.


(Beifall bei der LINKEN)


Wer kann, darf; wer nicht kann, muss auch nicht bis 65 und schon gar nicht bis 67 arbeiten. Eine solche Regelung bräuchten wir.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir Linken sind der Überzeugung, dass viele Menschen durchaus bereit sind, bis 65 zu arbeiten. Wer es darüber hinaus auch noch kann und will, soll weiterhin, wie bisher, dafür belohnt werden. Wer es bis dahin aber nicht schafft, darf nicht bestraft werden. Das ist der entscheidende Punkt.


(Beifall bei der LINKEN)


Sanktionspolitik, wie sie mit der Rente erst ab 67 und auch mit Hartz IV betrieben wird, ist und bleibt der falsche Weg. Geänderte Hinzuverdienstmöglichkeiten und Teilrenten, wie sie die Grünen vorschlagen dafür hat eben auch der Kollege Vogel plädiert , sind nichts anderes als die Fortsetzung der Kombilohnpolitik mit rentenpolitischen Mitteln. Im Klartext: Niedriglohn und Tüten einpacken im Supermarkt, weil die Rente nicht reicht, das wollen wir nicht.


(Beifall bei der LINKEN)


Immer dann, wenn die Nachfrage nach Arbeitskraft nicht da ist, kommen Sie uns mit demselben alten Rezept: Arbeit müsse billiger werden,


(Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer sagt das?)


Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssten williger werden, Geringverdienende sollten im Alter aufstocken dürfen, weil sie bis 67 arbeiten müssten. Das ist ja wie bei der FDP. So sieht also grüne Sozialpolitik aus? Sie wollen die FDP zu Tode kuscheln!


(Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die ist doch schon tot! - Johannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP): Keine Gefahr!)


Nur zu, aber bitte nicht auf dem Rücken der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.


(Beifall bei der LINKEN)


DIE LINKE will die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fördern und die Arbeitgeber fordern. Und das heißt unter anderem, die Rente erst ab 67 muss weg. Wir wollen ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fördern und nicht bestrafen.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir brauchen einen guten, öffentlich geförderten Beschäftigungssektor, der gute Arbeit fördert. Zwangsverrentung aller Art lehnt DIE LINKE ab. Da sind wir uns einig. Wir wollen eine gute Arbeitsmarktpolitik, die allen Menschen, die arbeiten wollen, ermöglicht, zu guten Löhnen zu arbeiten. Deshalb wollen wir prekäre Beschäftigungsformen wie Leiharbeit, Minijobs und befristete Beschäftigung deutlich zurückdrängen oder auch abschaffen.


(Beifall bei der LINKEN)


Geringqualifizierte und ältere Beschäftigte müssen in den Unternehmen mehr als bisher und dauerhaft weitergebildet werden. Nicht zuletzt müssen die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber endlich in die Pflicht genommen werden. Wer ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohne zwingenden Grund entlässt, muss zur Kasse gebeten werden und die Kosten des Arbeitslosengeldes erstatten. Das wäre eine wichtige Maßnahme.


Herzlichen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)