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Matthias W. Birkwald

Breaking The Silence - Progressive Positionen in der israelischen Gesellschaft

LINKER Frühschoppen mit Tsafrir Cohen und Dana Regev

29.11.2015
Tsafrir Cohen (Leiter RLS-Büro Tel Aviv) und die Journalistin Dana Regev referierten beim sehr gut besuchten LINKEN Frühschoppen in meinem Wahlkreisbüro am 29.11.15 zum Thema: Breaking the Silence - progressive Positionen in der israelischen Gesellscha

Tsafrir Cohen, Leiter des Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Tel Aviv, und die Journalistin Dana Regev informierten über die zunehmende soziale Spaltung in der israelischen Gesellschaft und über das militärische Vorgehen gegen die Bevölkerung Palästinas. Karl-Heinz Heinemann, Vorsitzender des Vorstandes der Rosa-Luxemburg- Stiftung NRW, führte durch die Diskussion.

LINKER Frühschoppen im Kölner Wahlkreisbüro 29.11.15 v.l.n.r.: Dana Regev (Journalistin), M. W. Birkwald MdB, Tsafrir Cohen (Leiter RLS-Büro Tel Aviv), Karl-Heinz Heinemann (Vorsitzender der RLS NRW)

Zwei Premieren gab es an diesem Sonntag im Wahlkreisbüro: Erstmals fand der Frühschoppen in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung statt, und erstmals hatten wir mit Dana Regev und Tsafrir Cohen internationale Gäste. Rund 50 interessierte Besucher und Besucherinnen erfuhren im fast überfüllten Wahlkreisbüro aus erster Hand, wie es aktuell um die Zwei-Staaten-Lösung bestellt ist und ob es darüber hinaus Perspektiven gibt, die den Konflikt in Palästina entschärfen können. „Israel gleicht immer mehr einer Stammesgesellschaft“ erklärte Cohen und stellte außerdem die Gründe für die Schwäche der israelischen Linken wie auch der Gewerkschaften in den Vordergrund seines Vortrages. Die junge israelische Journalistin Dana Regev, bis 2014 bei der israelischen Tageszeitung „Ha’aretz“ beschäftigt, konnte außerdem eindrücklich von ihren Erfahrungen als Soldaten in der israelischen Armee berichten. Regev war 2005 Mitglied einer Sondereinheit zur Evakuierung israelischer Siedler und Siedlerinnen aus dem Gaza-Streifen. 2006 hat sie am Libanon-Krieg teilgenommen. Sie gehört der Organisation „Breaking the Silence“ von ehemaligen und aktiven israelischen Soldaten und Soldatinnen an, deren Ziel es ist, die israelische Gesellschaft über die Aktivitäten der Armee in den besetzten Gebieten Palästinas zu informieren, indem sie Berichte über ihre Erlebnisse während ihres Dienstes veröffentlichen. Diese innerisraelische Kritik erreichte im zurückliegenden Sommer auch die Domstadt. In Köln gab es heftige Auseinandersetzungen darum, ob die Ausstellung „Breaking the Silence“ gezeigt werden solle, in der die israelische Besatzungspolitik in Palästina kritisch beleuchtet wird. Mitte 2015 hatte der damalige Oberbürgermeister Roters eine bereits zugesagte Präsentation dieser Ausstellung im Kölner Rathaus abgesagt, nach heftiger Kritik an dieser Entscheidung wird sie nun 2016 dort zu sehen sein. Wie wichtig eine solche Darstellung der israelischen Besatzungspolitik ist, konnten Cohen und Regev an diesem Mittag eindrucksvoll vermitteln. Schließlich gibt in der israelischen Gesellschaft nicht nur die rechtskonservative Regierung, sondern auch massive Kritik an der Politik gegenüber den Palästinensern und Palästinenserinnen ebenso wie an der Verschärfung der sozialen Gegensätze im Land. Auch über die zunehmende soziale Ungleichheit, rasant steigende Mieten in den Städten, vor allem in Tel Aviv, niedrige Durchschnittseinkommen und hohe Preise für die Güter des alltäglichen Bedarfes wurde intensiv debattiert. Die Veranstaltung zeigte deutlich, dass es möglich ist, aus einer Perspektive der kritischen Solidarität mit einer Israelin und über die Entwicklungen in der israelischen Gesellschaft ausgesprochen sachlich und dennoch engagiert zu reden, ohne dass auch nur ein Hauch von Antisemitismus im Raum lag. Am Schluss der Debatte zitierte Matthias W. Birkwald mit einem Augenzwinkern den Kölner Kabarettisten Jürgen Becker und wünschte sich für Israel bis zur Einrichtung zweier gleichberechtigter Staaten eine ähnliche Entwicklung in diesem Sinne: „Hier in Nordrhein-Westfalen wohnen Rheinländer und Westfalen zusammen in einem Bundesland. Das ist furchtbar, aber es geht.“