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Matthias W. Birkwald

Was erlauben Schulz? – DIE LINKE und der "Schulz-Effekt"

LINKER Frühschoppen am 2. April 2017 im Wahlkreisbüro

02.04.2017
Matthias W. Birkwald MdB beim LINKEN Frühschoppen am 02.04.2017 im Kölner Wahlkreisbüro zum Thema Was erlauben Schulz – DIE LINKE und der Schulz-Effekt

Eine ebenso konstruktive wie kontroverse Debatte erlebten die zwei mal elf Teilnehmenden beim LINKEN Frühschoppen am 2.4. im Kölner Wahlkreisbüro.

Nur mit einem selbstbewussten und nach vorne gerichteten Wahlkampf für eigene Positionen und Themen, so die Kernthese von Bernhard Sander vom Bundessprecher*innenrat der Sozialistischen LINKEN, könne DIE LINKE der Herausforderung durch den Schulz-Effekt erfolgreich begegnen. Mit einem rot-grün-roten Lagerwahlkampf springe die Partei hingegen ebenso zu kurz wie nur mit einer rückwärtsgewandten Generalabrechnung mit den Sozialdemokraten und mit pauschaler Diffamierung der SPD als einer per se unglaubwürdigen Partei. Denn immerhin sei es der SPD mit dem "Schulz-Effekt" gelungen, so Sander, in erheblichem Umfang bisherige Nichtwähler*innen zu mobilisieren. Diesen Wunsch nach einer machtpolitischen Alternative zu Kanzlerin Merkel dürfe DIE LINKE nicht ignorieren. Vielmehr müsse DIE LINKE in einer verständlichen Sprache und selbstbewusst ihre Anforderungen an einen Politikwechsel formulieren. An die von Schulz angekündigte Verlängerung des Arbeitslosengeldes I gelte es zum Beispiel mit der Forderung nach spürbaren Verbesserungen für diejenigen anzuknüpfen, die heute bereits langzeiterwerbslos sind oder im Niedriglohnsektor arbeiten.

LINKER Frühschoppen am 02.04.2017 im Kölner Wahlkreisbüro zum Thema Was erlauben Schulz – DIE LINKE und der Schulz-Effekt

Am Beispiel des Gesetzentwurfes zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentenstärkungsgesetz) der GroKo machte hingegen Matthias W. Birkwald deutlich, wie wenig von Martin Schulzens Angeboten an die "bedrohte Arbeitnehmermitte" im Bundestag zu spüren ist. Denn dieses Gesetz ist von vorne bis hinten eine Mogelpackung: Von einer echten, von den Arbeitgeber*innen vollständig oder überwiegend bezahlten und garantierten Betriebsrente ist darin nicht die Rede. Die Arbeitgeber*innen müssen nicht einmal dafür garantieren, dass die Beschäftigten bei dieser betrieblich organisierten Form der privaten Altersvorsorge auch nur ihre eingezahlten Beiträge zurückerhalten werden. Wird sie in der Form der steuer- und beitragsfreien Entgeltumwandlung angeboten, mindert sich sogar noch die gesetzliche Rente der Beschäftigten, während auf die Erträge aus der betrieblichen Altersvorsorge bei Auszahlung auch noch Steuern und doppelte Krankenkassenbeiträge gezahlt werden müssen. Mit der rhetorischen Frage, ob nun Nahles' doppelte Rentensenkung oder Schulz' Versprechen von mehr sozialer Gerechtigkeit gelte, schloss der Bericht aus dem Bundestag.

In der lebhaften und vielschichtigen Debatte reichte das Spektrum der Fragen und Anforderungen der Teilnehmenden an DIE LINKE von einer Garantie, mit eventuellen Koalitionsvereinbarungen nicht "verarscht" zu werden einerseits bis zur Forderung nach einem konzeptionellen Fahrplan für konkrete Verbesserungen für Langzeiterwerbslose andererseits. Auch wenn diese Spannung nicht vollständig aufgelöst werden konnte, bleiben im Ergebnis der anregenden Debatte mindestens zwei gemeinsame Einsichten:

  • Erstens muss DIE LINKE, wie Matthias W. Birkwald abschließend betonte, lernen, ihre Positionen in einer einfachen und verständlichen Sprache an den Mann und die Frau bringen.
  • Zweitens: Politische Angebote von Schulz an die bedrohte Arbeitnehmer*innenmitte, die Geschwindigkeit des bei einem Arbeitsplatzverlust drohenden Absturzes in das Armutsregime von Hartz IV wenigstens zu verlangsamen, darf DIE LINKE nicht ignorieren. Als Grundlage für ein – unabhängig von Regierungskonstellationen – notwendiges Mitte-Unten-Bündnis reichen sie aber nicht. Sie müssen deshalb mit Forderungen verbunden werden, die die Lebenssituation der Menschen verbessern, die nur Niedriglöhne erhalten oder von Langzeiterwerbslosigkeit betroffen sind.