DIE LINKE im Bundestag
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Matthias W. Birkwald

Wer den Rentenbeitrag senkt, erhöht das Altersarmutsrisiko!

27.09.2012
Redebeitrag von Matthias W. Birkwald (DIE LINKE.) am 27.09.2012 um 14:10 Uhr (195. Sitzung, TOP 5, ZP 6)

Rede von Matthias W. Birkwald, MdB (DIE LINKE.) zum
GE Bundesregierung Beitragssatzgesetz 2013 AN DIE LINKE, BT-Drs. Drs. 17/10743,
AN DIE LINKE „Rentenbeiträge nicht absenken – Finanzpolster für Leistungsverbesserungen nutzen“,
GE SPD Demographie-Fonds-Gesetz, BT-Drs. 17/10775 v. 25.09.2012
am 27.09.2012 im Deutschen Bundestag

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Bundesministerin von der Leyen hat gesagt: „Wir müssen heute handeln, damit uns diese Welle der Altersarmut nicht eines Tages überrollt.“ Sie hat völlig Recht.

Doch was tut sie? Ihre Zuschussrente gleicht dem Versuch, eine Flutwelle mit Regenschirmen bekämpfen zu wollen. Aber die Mehrheit von CDU/CSU und FDP gönnt den Menschen nicht einmal die Regenschirme. Das ist bitter, und das ist schäbig. Doch das ist Schwarz-Gelb, und genau das muss sich ändern.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, CDU/CSU und FDP wollen nichts Wirksames gegen die Rentenarmut tun. Das ist schlimm genug. Aber schlimmer noch: Union und Liberale sind dabei, mit der Beitragssatzsenkung weiter Öl ins Feuer zu gießen. Das ist ungeheuerlich.

Alle drei Vizekanzlerkandidaten der SPD spielen dieses böse Spiel auch noch mit, wenn sie an der Absenkung des Rentenniveaus weiterhin festhalten wollen.

(Elke Ferner (SPD): Da haben Sie etwas missverstanden, Herr Birkwald!)

Das müssen alle wissen, wenn wir heute auch über den Gesetzentwurf der SPD reden. Denn dieser Gesetzentwurf sieht keine Leistungsverbesserungen vor, weder für die heutigen Rentnerinnen und Rentner noch für die zukünftigen.

Ich sagen Ihnen: Wir brauchen keinen Demografiefonds. Wir brauchen einen Rentenarmutsverhinderungsfonds, um es mal auf Von-der-Leyisch zu sagen.

(Beifall bei der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von Union, FDP und SPD, Sie wollen über Rentenarmut reden ‑ gut. Aber eine zentrale Ursache dafür wollen Sie unangetastet lassen, nämlich das Rentenniveau. Es soll weiter bis zum Jahr 2030 beständig sinken, und zwar ‑ ich formuliere korrekt, Herr Kollege Kolb ‑ im schlimmsten Fall von heute knapp 50 Prozent auf magere 45 oder sogar nur 43 Prozent. Wenn sich daran nichts ändert, werden in Zukunft Millionen von fleißigen Menschen, Frau Ministerin, mit Armutsrenten in der Altersarmut landen.

Darum sagen wir Linken Ihnen: Das Rentenniveau muss wieder angehoben werden, und zwar so, dass der Lebensstandard wieder gesichert wird,

(Beifall bei der LINKEN)

und so, wie es vor dem Rentenkahlschlag von SPD und Grünen gewesen war. Das Mindeste ist, das Rentenniveau jetzt nicht weiter zu senken. Darum dürfen auch die Rentenversicherungsbeiträge nicht weiter gesenkt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, der Deutsche Gewerkschaftsbund hat recht. Das Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach hat gestern gesagt: „Wer den Rentenbeitrag senkt, erhöht das Altersarmutsrisiko der jungen Generationen.“ So ist es. Darum ist es kein Wunder, dass 86 Prozent der 18- bis 29-Jährigen dafür sind, Frau Ministerin, die Beiträge jetzt nicht zu senken. Das ist der größte Wert in der gesamten Bevölkerung. Das ist auch verständlich. Denn wer 2 000 Euro brutto im Monat verdient, würde für den Rentenbeitrag nur 6 Euro weniger zahlen. Für Beschäftigte mit Durchschnittsverdienst wären es gerade einmal 8 Euro.

Was aber sind 8 Euro weniger im Vergleich zu den drastischen Rentenkürzungen, die mit dem sinkenden Rentenniveau zu erwarten sind? Was ist, Herr Straubinger, noch nicht einmal eine Maß Bier auf dem Oktoberfest im Vergleich zu den drastischen Kürzungen durch die Rente erst ab 67?

(Beifall bei der LINKEN)

Die jungen Beschäftigten haben das verstanden, und genau deshalb dürfen die Beiträge im Interesse der jungen Generation, Frau Ministerin, nicht abgesenkt werden.

Wenn Union und FDP heute die Beiträge senken wollen, dann müssen sie auch sagen, dass den heute jungen Beschäftigten morgen, im Rentenalter, die Rechnung dafür präsentiert wird. Die Rechnung wird für die jungen Beschäftigten heute heißen: niedrige Renten und massenhaft Armutsrenten. Das darf nicht sein. Ihnen das zu sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, CSU und FDP, dazu sind Sie aber leider zu feige.

Wir brauchen wirklich jeden Cent, um Altersarmut zu vermeiden. Dazu gehört: Die Rente erst ab 67 abschaffen! Dazu gehört auch, die ungerechten Abschläge für Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen - oder weil sie schlicht nicht mehr arbeiten können - vorzeitig in die Erwerbsminderungsrente gehen müssen, abzuschaffen. Dazu gehört, endlich die Rehaleistungen nach dem tatsächlichen Bedarf und nicht nach der Kassenlage zu finanzieren.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Steffen-Claudio Lemme (SPD))

Meine Damen und Herren, Sie sehen: Eine andere, eine bessere Rentenpolitik ist nötig, und sie ist machbar.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)