Die Linke setzt sich für höhere Renten für Aussiedler und Aussiedlerinnen ein!

Rede von Matthias W. Birkwald im Plenum des Deutschen Bundestages

14.06.2018
Matthias W. Birkwald spricht im Plenum des Deutschen Bundestages

Als drittletzter Tagesordnungspunkt des Sitzungstages des Deutschen Bundestages am 15. Juni 2018 wurde kurz vor Mitternacht der Tagesordnungspunkt zum Antrag der AfD "Für eine Angleichung der Renten von Vertriebenen, Aussiedlern und Spätaussiedlern"[1] auf DS 19/2730[2] aufgerufen und diskutiert.

Meine Rede können Sie hier[3] dazu sich ansehen und nachfolgend auch nachlesen.

Die gesamte Debatte zu diesem Tagesodnungspunkt finden Sie hier[4] zum Ansehen und natürlich auch Nachlesen.

Matthias W. Birkwald (DIE LINKE):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Linke steht seit Jahren an der Seite der Russlanddeutschen. Meine Fraktionskollegin, unsere Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau, unterstützt die Aussiedlerinnen und Aussiedler aus der Sowjetunion und den GUS-Staaten mit besonders viel Engagement. Danke dafür!

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen haben wir Linken bereits im Mai 2017 auf Petra Paus Initiative hin ein Gespräch mit einer Delegation der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland geführt, an dem neben dem damaligen Sprecher der Landsmannschaft, Waldemar Eisenbraun, auch unser Fraktionsvorsitzender Dr. Dietmar Bartsch, meine Kollegen Andrej Hunko, Sigrid Hupach und ich selbst teilgenommen haben. Das Ergebnis: Die Linke setzt sich für höhere Renten für Aussiedler und Aussiedlerinnen ein.

(Beifall bei der LINKEN)

Hier unsere kleine Anfrage vom Mai 2017 und unsere Interviews aus der „Russkaja Germanija“.

(Der Redner hält zwei Schriftstücke hoch)

Meine Damen und Herren, Altersrenten erhalten diejenigen, die in die Rentenkasse eingezahlt haben, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Von diesem Prinzip wurde vor 1989 bei zwei Gruppen von Migrantinnen und Migranten, Kollege Kapschack, aus guten Gründen abgewichen: erstens bei Menschen, die vor 1989 aus der DDR in den Westen geflüchtet oder übergesiedelt sind, und zweitens bei Aussiedlerinnen und Spätaussiedlern aus den Ländern der Sowjetunion und den GUS-Staaten. Viele dieser Menschen wurden in ihren Herkunftsländern schlecht behandelt. Deshalb wurde beiden Gruppen als Ausgleich versprochen, dass sie mit ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik exakt so behandelt werden würden, als hätten sie ihr bisheriges Arbeitsleben nicht in der DDR oder in der Sowjetunion, sondern in Westdeutschland verbracht. Damit wurde ihr Rentenniveau vom Herkunftsland auf das höhere westdeutsche Niveau angehoben.

Beide Versprechen aber, meine Damen und Herren, wurden von Union, FDP und SPD nach 1989 gebrochen, und das ist schlecht.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der AfD)

Seit 1993 werden aus der DDR Geflüchtete nicht mehr so behandelt, als hätten sie in Westdeutschland gearbeitet, und sie wurden gegen ihren Willen zu DDR-Bürgern mit entsprechenden Renteneinbußen gemacht. Mit dem schwarz-gelben Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz von 1996 wurden die Renten von Aussiedlerinnen und Aussiedlern aus den Staaten Mittel- und Osteuropas so weit gekürzt, dass ihr Lebensunterhalt im Alter nicht mehr gesichert ist. Mit diesem Gesetz, meine Damen und Herren, wurden die versprochenen Rentenansprüche von Aussiedlern erst um 30 und dann sogar um 40 Prozent gekürzt. Das ist unglaublich und in dieser Form ungerecht.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der AfD)

Obendrein wurden ihre Ansprüche nach dem Fremdrentengesetz auch noch auf höchstens 25 Entgeltpunkte begrenzt, also auf 800 Euro brutto. Für Ehepaare gibt es höchstens 40 Entgeltpunkte, das sind höchstens 1 281 Euro brutto. Viele Aussiedler haben keine weiteren Alterseinkommen. Das ist Altersarmut per Gesetz, und das darf so nicht bleiben.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der AfD)

Die Ergebnisse unserer Kleinen Anfrage sind erschreckend: Die 402 000 von der Kürzung der sogenannten Fremdrente betroffenen Russlanddeutschen erhielten im Jahr 2015 durchschnittlich gerade einmal eine Nettorente von 668 Euro. Sie liegen damit knapp 365 Euro unter der offiziellen EU-Armutsschwelle und mehr als 135 Euro unter der durchschnittlichen Grundsicherung im Alter, dem Rentner-Hartz IV. Das ist falsch, das ist schlecht, und das darf nicht so bleiben.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Genau deshalb fordere ich von Ihnen, liebe Koalition: Machen Sie erstens diese Kürzungen rückgängig! Schließen Sie zweitens endlich ein Sozialversicherungsabkommen mit Russland ab, dann würde die wechselseitige Zahlung von Renten und die Anerkennung rentenrechtlicher Zeiten endlich auf eine solide Grundlage gestellt!. Und drittens fordert Die Linke als einzige im Bundestag vertretene Partei eine Solidarische Mindestrente in Höhe von 1 050 Euro netto.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, Ihr letzter Satz.

Matthias W. Birkwald (DIE LINKE):

Niemand soll im Alter in Armut leben müssen.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

So ist es. Ich habe Ihnen jetzt das Mikrofon abgeschaltet. Ich bitte Sie, jetzt das Rednerpult zu verlassen.

Matthias W. Birkwald (DIE LINKE):

Ich wollte diesen einen Satz aber auch noch sagen.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Sie waren schon bei dem einen Satz.

(Beifall bei der LINKEN)

Als Nächstes für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Markus Kurth.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Übrigens: Der letzte Satz wäre folgender gewesen, wenn mir der Präsident nicht das Mikrofon abgedreht hätte:

"Das gilt für hier Geborene und ohne Abstriche ganz genauso auch für Russlanddeutsche und DDR-Flüchtlinge und zum Beispiel ebenso für Türkinnen und Türkeistämmige, für Afrodeutsche und für Menschen, die aus Vietnam, Kuba, Italien, Spanien, Portugal oder irgendeinem anderen Land der Welt zu uns zum Arbeiten kamen."

Links:

  1. http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/027/1902730.pdf
  2. http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/027/1902730.pdf
  3. https://dbtg.tv/fvid/7245859
  4. http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2018/kw24-de-rente/560016