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Matthias W. Birkwald

Kleine Rente, keine Armut:

Analyse in der Frankfurter Rundschau vom 13. Juli 2018

12.07.2018

Fast jeder zweite Rentner bekommt weniger als 800 Euro aus der gesetzlichen Rentenversicherung. In genauen Zahlen heißt das: 48 Prozent der Renten liegen unterhalb der Marke von 800 Euro, 62 Prozent unter 1000 Euro. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage von Sabine Zimmermann hervor.

Wer weniger als 800 Euro im Monat aus der Rentenversicherung bekommt, ist nicht gleich arm. Es kommt noch auf andere Faktoren an.

Unten stehend eine interessante Analyse von Tobias Peter in der Frankfurter Rundschau vom 13. Juli:

Rentenversicherung - Kleine Rente, keine Armut

Wer weniger als 800 Euro im Monat aus der Rentenversicherung bekommt, ist nicht gleich arm. Es kommt noch auf andere Faktoren an.

13.07.2018 17:02 Uhr

Fast jeder zweite Rentner bekommt weniger als 800 Euro aus der gesetzlichen Rentenversicherung. In genauen Zahlen heißt das: 48 Prozent der Renten liegen unterhalb der Marke von 800 Euro, 62 Prozent unter 1000 Euro. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervor.

„Besorgniserregend“ nennt die Sozialexpertin der Linken, Sabine Zimmermann, diesen Befund. Er beruht auf den jüngsten verfügbaren Daten aus dem Jahr 2016. Doch wie aussagekräftig sind die Zahlen tatsächlich, wenn es um die Frage der Altersarmut geht?

Wenig bis gar nicht. Oder um es, etwas technischer, mit den Worten der Deutschen Rentenversicherung Bund zu sagen: „Die Betrachtung individueller Ansprüche alleine aus der gesetzlichen Rentenversicherung besitzt nur eine begrenzte Aussagekraft hinsichtlich der generellen Einkommenssituation beziehungsweise eines möglichen Armutsrisikos von Rentnerinnen und Rentnern.“

Der Grund dafür ist: Viele Rentner leben nicht allein von dem, was sie aus der gesetzlichen Rentenversicherung bekommen. Bei einigen kommen Betriebsrenten, Kapitalerträge und Mieteinnahmen hinzu. Gleichzeitig gibt es gerade in Westdeutschland noch viele Frauen, die geringe Renten bekommen, weil sie wenig in die Rentenkasse eingezahlt haben. Solche Frauen können armutsgefährdet sein, wenn sie allein leben. Die Ehefrau eines früheren Managers, die selbst nur geringe Ansprüche erworben hat, zählt in der Statistik zwar zu denen, die weniger als 800 Euro aus der Rentenkasse bekommen – aber sie führt ein wirtschaftlich privilegiertes Leben.

Das zeigt: Eine niedrige Rente kann bedeuten, dass Menschen am Existenzminimum leben. Eine Person, die eine Rente von unter 800 Euro im Monat bekommt, kann aber auch zu den Menschen gehören, die regelmäßig Kreuzfahrten machen und dabei in Suiten wohnen.

Wie weit ist Armut unter alten Menschen nun aber verbreitet, auch im Vergleich zu anderen Bevölkerungsgruppen? Jochen Pimpertz vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln weist darauf hin, dass zwar fast die Hälfte der gesetzlichen Monatsrenten unter dem Hartz-IV-Niveau eines Single-Haushalts (einschließlich pauschalierter Wohnkosten) liegen, „aber nur 3,1 Prozent der über 65-Jährigen Grundsicherung im Alter beziehen“. Bei den Beziehern einer gesetzlichen Rente liege die Quote mit 2,6 Prozent sogar noch niedriger. „Im Bevölkerungsdurchschnitt sind es neun Prozent.“

Also alles kein Problem? Diese Sichtweise wäre auch verkehrt. Denn das Risiko von Altersarmut wird in den kommenden Jahren erheblich steigen, wie eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung im vergangenen Jahr gezeigt hat.

Einer der Gründe dafür ist der Trend zu prekärer Beschäftigung. Die Prognose der Forscher, die in ihre Berechnungen neben der gesetzlichen Rente auch andere Einkommensformen einbezogen haben: Jeder Fünfte (20 Prozent), der zwischen 2031 und 2036 in Rente gehen wird, werde von Armut bedroht sein. Die vor kurzem eingesetzte Rentenkommission der großen Koalition wird sich daran messen lassen müssen, ob sie auf dieses Phänomen Antworten findet.“